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Zwischen Vision und Vorschrift

Planungsrecht bei Neuausrichtung von Fachmarktzentren 

Zwischen Vision und
Vorschrift

Planungsrecht bei Neuausrichtung von Fachmarktzentren

Fachmarktzentren im Wert zu erhalten, erfordert Arbeit. Schon Nachvermietungen sind im aktuellen Markt oft alles andere als einfach. Die bauliche und energetische Instandhaltung und Ertüchtigung erfordern zusätzlichen Aufwand. Neben diesen wirtschaftlichen Zwängen und Rahmenbedingungen gibt es einen weiteren Faktor, der eine maßgebliche Hürde für die Entwicklung und nachhaltige Werterhaltung von Fachmarktzentren sein kann: das Planungsrecht.


Wer ein Fachmarktzentrum zukunftsgerecht aufstellen möchte, sollte den planungsrechtlichen Rahmen kennen. Dieser kann höchst unterschiedlich sein:


Liegt ein Fachmarktzentrum im unbeplanten Innenbereich, gilt das großzügige Regime des § 34 BauGB. Nachnutzungen von Fachmarktflächen sind dort zulässig, wenn der gutachtliche Nachweis geführt werden kann, dass die neue Nutzung keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche erwarten lässt.


Andere Fachmarktzentren liegen im Geltungsbereich von Bebauungsplänen. Günstig ist es, wenn diese die zulässigen Nutzungen nur grob umschreiben. Praktisch sind Sondergebiete für groß­flächigen Einzelhandel anzutreffen, oft mit Verkaufsflächen- und Sortimentsbeschränkungen. Die Wirksamkeit derartiger Festsetzungen ist bisweilen zweifelhaft. Für die nachhaltige Entwicklung eines Fachmarktzentrums sind dies dennoch zumeist gute Rahmenbedingungen.


Schwieriger ist es, wenn ein Fachmarktzentrum im Geltungsbereich eines Bebauungsplans mit „maßgeschneiderten“ Festsetzungen liegt. Oft sind diese auf die Erstvermietung ausgerichtet und schon kleinere Änderungen wie die Vergrößerung eines Lebensmitteldiscounters von 1.000 auf 1.200 Quadratmeter Verkaufsfläche oder die Umnutzung einer Fachmarkteinheit vom Sortiment Bekleidung auf Schuhe sind planungsrechtlich unzulässig und können nur im Wege der Befreiung zugelassen werden. Hier wird oft der Ruf nach einer Änderung des Bebauungsplanes laut, was jedoch mit erheblichem zeitlichem und finanziellem Aufwand verbunden ist.


Ähnlich ist die Situation bei Fachmarktstandorten in Mischgebieten, Gewerbegebieten oder allgemeinen Wohngebieten. Hier sind Einkaufszentren sowie großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich auf die Verwirklichung von Zielen der Raumordnung oder die städtebauliche Entwicklung nicht nur unwesentlich auswirken können, nach § 11 Abs. 3 BauNVO unzulässig. Auch in diesen Gebieten führt der Weg zur Nachvermietung oder Repositionierung eines Fachmarktzentrums häufig nur über Befreiungen oder eine Änderung des Bebauungsplans.

Einen Bebauungsplan zu ändern, erfordert den planerischen Willen der Standortgemeinde. Bebauungspläne sind Satzungen und müssen im Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung aufgestellt und vom Gemeinderat beschlossen werden. Die Entscheidung hängt damit vom städtebaulichen und politischen Wollen der Gemeinde ab. Befreiungen erfordern zwar keine planerische Entscheidung, ihre Zulassung steht jedoch im Ermessen der Bauaufsichtsbehörde. Das heißt, auch hier haben Eigentümer grundsätzlich keinen Anspruch auf Zulassung einer Befreiung. 


In der Praxis hängt das „Wollen“ sowohl der Standortgemeinde als auch der Bauaufsichtsbehörde maßgeblich von der Standortqualität eines Fachmarktzentrums ab:

Handelt es sich um einen integrierten Standort, der im zentralen Versorgungsbereich der Standortgemeinde oder in einem planerisch festgelegten Nahversorgungszentrum liegt, ist die Bereitschaft zur Bebauungsplanänderung oder Zulassung von Befreiungen häufig größer.

Relativ günstig sind auch Standorte mit unmittelbarem Anschluss an Wohngebiete. Dies gilt insbesondere, sofern das Fachmarktzentrum seinen Schwerpunkt im Bereich nahversorgungs­relevanter Sortimente hat. Fachmarktzentren mit großem Anteil zentrenrelevanter Sortimente, die nicht der Nahversorgung dienen (wie Schuhe, Kleidung, Sportartikel, Lederwaren etc.), werden in diesen Lagen dagegen häufig kritisch gesehen.



Die größten Herausforderungen stellen sich an autoorientierten Fachmarktstandorten in Gewerbegebieten oder auf der grünen Wiese. Hier gibt es häufig wenig Bereitschaft, Nach- oder Umnutzungen zuzulassen, jedenfalls nicht, solange kein rechtlicher oder tatsächlicher Handlungsdruck bei den zuständigen Behörden besteht oder erzeugt werden kann.



Ob eine Nachumnutzung oder Repositionierung eines Fachmarktzentrums planungsrechtlich ermöglicht werden kann, hängt maßgeblich davon ab, ob der Fachmarktstandort planerisch gewollt oder nicht gewollt ist. Anhaltspunkte hierfür gibt eine Analyse des kommunalen Einzelhandelskonzepts.

Ist ein Standort planerisch gewollt, ist die Stadtortkommune mitunter bereit, im Wege der Bauleitplanung Planungsrecht für eine nachhaltige Sicherung des Fachmarktzentrums zu schaffen. Dabei ist wichtig, im Blick zu behalten, dass Gemeinden bei der Schaffung von Planungsrecht nicht frei sind. Das Raumordnungsrecht setzt der kommunalen Planungshoheit Grenzen, insbesondere bei Planungen für großflächige Einzelhandelsbetriebe. Praktisch bedeutsam ist hierbei vor allem das Integrationsgebot, das in den Raumordnungsplänen der Länder unterschiedlich ausgestaltet ist. Vereinfacht gesagt verweist es großflächige Einzelhandelsbetriebe auf integrierte Lagen, die entweder im Raumordnungsplan allgemein definiert oder gar gebietsscharf kartografisch abgegrenzt werden. In manchen Ländern haben planende Gemeinden es in der Hand, durch die Festlegung von zentralen Versorgungsbereichen die Integration von Standorten zu belegen. Periphere autoorientierte Fachmarktstandorte können häufig nur mit erheblichem Begründungsaufwand im Wege der Bauleitplanung entwickelt werden. Manche Länder kennen immerhin einen „Bestandsschutz“ für vorhandene Einzelhandelsstandorte, die unter erleichterten Bedingungen überplant werden können, so in Berlin-Brandenburg, NRW, oder Schleswig-Holstein. In anderen Ländern bleibt bisweilen nur der Weg der Zielabweichung, das heißt eines Verfahrens, mit dem die Raumordnungsbehörde eine Bauleitplanung im konkreten Einzelfall ausnahmsweise zulässt. Auch wenn § 6 Abs. 2 ROG seit einer Änderung im Herbst 2023 grundsätzlich vorsieht, dass die Raum­ordnungsbehörde eine Zielabweichung zulassen „soll“, wenn die Voraussetzungen der Zielabweichung vorliegen, ist die Zulassung von Zielabweichungen in der raumordnerischen Praxis eher selten.

Ist ein Fachmarktstandort städtebaupolitisch gewollt, ist zumeist auch die Zulassung von Befrei­ungen für Um- oder Nachnutzungen einfacher. Wesentliche Hürde ist hierbei, dass die Befreiung Grund­züge der Planung nicht berühren darf. Die Befreiungspolitik vieler Bauaufsichtsämter ist tendenziell restriktiv, oft restriktiver als rechtlich geboten. Und selbst wenn die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, steht die Zulassung einer Befrei­ung in der Regel im Ermessen der Bauaufsichtsbehörde und erfordert das Einvernehmen der Standortgemeinde.

Vor diesem Hintergrund ist klar, dass an planungsrechtlich nicht gewollten Standorten die Entwicklung von Fachmarktzentren im Wege der Bauleitplanung keine Option ist. Auch Befreiungen sind nur schwer zu erreichen. Dabei ist eine Entwicklung im Rahmen der Genehmigung zumeist die einzige Möglichkeit. Besondere Bedeutung erlangt deshalb die Wirksamkeit und Anwendbarkeit des Bebauungsplans. Es empfiehlt sich, diese im Vorfeld von Genehmigungsanträgen gründlich zu prüfen und im Zusammenspiel von Eigentümer, Rechtsberater und Einzelhandelsgutachter eine Genehmigungsstrategie zu entwerfen. Dabei ist zu beachten, dass Gemeinden es in der Hand haben, unerwünschte Entwicklungen zu verhindern, indem sie den Aufstellungsbeschluss für eine Änderung des Bebauungsplans fassen und ihre Planungsänderungsabsichten durch Anträge auf Zurückstellung von Baugesuchen (§ 15 BauGB) oder den Erlass einer Veränderungssperre nach § 14 BauGB sichern.

Zusammengefasst 

Die planungsrechtliche Situation eines Fachmarktstandorts beeinflusst maßgeblich, wie ein Fachmarktzentrum in Wert gehalten werden oder entwickelt werden kann. Nur wer sie analysiert hat und die Bewegungsspielräume der wesentlichen Stakeholder – insbesondere der Standortgemeinde und der zuständigen Behörden – kennt, kann eine passende erfolgversprechende Strategie für die Nachvermietung oder  Repositionierung eines Fachmarktzentrums entwickeln.


Autor

Dr. Jan Hennig
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht
jan.hennig@gsk.de

GSK Stockmann, Co-Head of Real Estate Projects

Politik
Marktentwicklung

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